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Repowering und Ausschreibungen: Eine Bootsfahrt ins Ungewisse?

21.12.2017

Jedem Betreiber stellt sich zum Auslaufen der Entwurfslebensdauer die Frage, wie die wirtschaftlichste Lösung für seine Windkraftanlagen aussieht: Soll er die bestehenden älteren Anlagen weiter betreiben und deren Restertrag noch für einige Jahre ausnutzen? Oder soll er auf Repowering setzen, seine alten WEA also durch leistungsfähigere neuere Modelle ersetzen? Windmüller werden sich vor dem Hintergrund der Onshore-Ausschreibungen zwei Mal überlegen, ob sich Aufwand und Kosten für ein Repowering-Projekt tatsächlich rentieren, da jedes zu den exakt gleichen Konditionen wie ein Neuprojekt an den Auktionen teilnehmen muss. Zur Zukunft des Repowerings vor dem Hintergrund der Ausschreibungsverfahren will dieser Beitrag aufgrund von in Interviews gesammelten Experteneinschätzungen eine Zusammenschau geben.

Glory Amsterdam Sturm Repowering

In den letzten Jahren war die deutsche Windbranche insgesamt in einer guten Stimmung. Spätestens 2017 war jedoch das Jahr gekommen, das den Optimismus bremste: Neubau- bzw. Repowering-Projekte überhaupt zu platzieren wird nun schwieriger, die ersten zwei Ausschreibungsrunden für Windenergie an Land waren deutlich überzeichnet. Von einer kostenattraktiven Umsetzung der bezuschlagten Projekte sei hier noch nicht gesprochen. Angesichts dieser Situation stagniert vielerorts die Hoffnung, Experten sehen den drohenden weiteren Verfall der Förderhöhen. Und beim Repowering? Viele Betreiber warten laut Henning Krix, Repowering Sales Manager bei Vestas Central Europe, erst einmal ab, wie sich die politische Lage entwickelt, und denken nicht vorbehaltlos über Repowering nach. Traut sich in dieser Zeit, in der sich das Repowering für viele Betreiber als eine Bootsfahrt in unbekanntem Gewässer darzustellen scheint, überhaupt noch jemand abzulegen?

Von stabilen Statistiken und zweifelnden Kapitänen

Nach Zahlen der Deutschen Windguard stieg der Anteil des Repowerings am Gesamt-Windkraft-Zubau von 12,97 % in 2015 auf 19,6 % im ersten Halbjahr 2017. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Genehmigungen für diese Projekte weit vor dem Start des Ausschreibungsverfahrens erteilt wurden. Dieser Anstieg wird sich laut Klaus Övermöhle von Övermöhle Consult & Marketing vorerst bis 2018 fortsetzen und anschließend aufgrund niedriger Zuschlagspreise bis ca. 2021 stabil bleiben. Henning Krix beziffert in unserem Interview den Repowering-Anteil an den Ausschreibungen der nächsten Jahre mit „20 bis 25 %“.

Wie aber ist abseits von den Statistiken die Repowering-Stimmung bei den Betreibern? Aufgrund der zusätzlichen Unsicherheit sieht Henning Krix bei WEA-Betreibern ein starkes Zögern, sich an ein Repowering-Projekt heranzutrauen: „[…] wir sehen, dass die Betreiber und die Eigentümer eher zögerlich handeln […], weil sie […] zum einen [das] neue Ausschreibungsverfahren und diese Unsicherheit befürchten und [sich] zum anderen […] sagen: […] Ich hab‘ jetzt meinen Bestandspark, da weiß ich, was mich […] erwartet in den nächsten Jahren […].“

Sicherheit bis 2020: Und was kommt danach?

Und wie geht es ab 2020 weiter? Ein komplettes Abebben des Repowering-Anteils an den Ausschreibungen steht kaum zu befürchten, da Repowering für Windmüller, die am gleichen Standort wie bisher im Geschäft bleiben wollen, spätestens ab 2020 mehr oder minder zu einer geschäftlichen Notwendigkeit wird. Henning Krix stellt fest: „[…] wir sehen eine Repowering-Welle auf uns zukommen, [da] im Jahr 2020 die ersten Anlagen […] aus dem EEG auslaufen bzw. sogar eine ganze Vielzahl an Anlagen […] aus dem EEG 2000 auslaufen.“ Dies betreffe mehr als 5000 Anlagen und nur für die wenigsten sei „Stand heute“ ein wirtschaftlicher Weiterbetrieb möglich. Die Repowering-Welle werde also auf jeden Fall kommen, jedoch rechnet der Experte aufgrund der Unsicherheit der Betreiber mit einer Verlagerung „ins Jahr 2020 oder sogar kurz […] danach“.

Des Weiteren wird die Höhe der in den Ausschreibungen bezuschlagten Gebote einen entscheidenden Einfluss auf die Anzahl der Repowering-Projekte in den nächsten Jahren haben: Laut einer Arbeit von Repowering-Experten bei Vestas Central Europe (Jens Kück, Henning Krix) in Zusammenarbeit mit Forschern des IPH (Eric Pieper unter Betreuung und Beteiligung von Martin Westbomke) erwiese sich beispielsweise bei einem Gebot von 46 €/MWh das sofortige Repowering von 3147 WEA als sinnvoll, während bei einem niedrigeren Gebot von 39 €/MWh die Menge schon auf 162 WEA schrumpft (die Beteiligten waren so freundlich, uns Einsicht in die Ergebnisse der noch nicht veröffentlichten Arbeit zu gewähren). Insofern ist die Frage nach der Zukunft des Repowerings auch eine Frage nach zukünftigen Geboten. 

Wirtschaftlichkeitsfaktor Förderhöhe und knapp kalkulierte Gebote: „Unter 5 Ct komme ich sowieso nicht“

Komplexe Ausschreibungen, zahlreiche Konkurrenten, sinkende Förderung: All diese Gründe scheinen Repowering zu einer ungewissen und schwierigen Mission zu machen. Repowering könnte jedoch noch aus einem ganz anderen Grund ab 2020/21 zu einem brandaktuellen Thema werden, wie Klaus Övermöhle zu berichten weiß: „Da nach unserer Meinung die Ausweisung von neuen Windvorrangflächen zukünftig fast zum Erliegen kommen wird, ist die Neuerrichtung von Windenergieanlagen dann nur noch auf Repowering-Flächen möglich.“ Diese Annahme erscheint nicht unbegründet, betrachtet man beispielsweise die seit November 2014 in Bayern geltende, damals hart umkämpfte 10H-Abstandsregelung. Eine ähnliche Regelung wird auch in Sachsen seit Jahren heiß diskutiert. Repowering bietet somit eine der letzten plausiblen Ausnutzungen vorhandener Windkraft-Flächen. Schon 2014 war eine repowerte Anlage durchschnittlich doppelt so leistungsfähig wie eine WKA des Jahres 2002.

Wie bei jedem Neuprojekt müssen sich auch Betreiber von Bestands-WKA die Frage stellen, welche Förderhöhe sie im Falle eines Neuprojekts erwartet. Da mit den 2017 eingeführten Ausschreibungen die gesetzliche Vergütung nun mehr variabel ist, ist es laut Henning Krix umso wichtiger, zumindest die Kostenseite eines Repowering-Projekts genau zu kalkulieren, um sich mit einem erfolgversprechenden, „möglichst präzisen, […] niedrigen Gebot“ für anstehende Ausschreibungen positionieren zu können. Für viele Betreiber von Bestands-WKA scheint zum aktuellen Zeitpunkt jedoch festzustehen: „Ich habe sowieso keine Chance im Ausschreibungsverfahren“, wie Henning Krix von seinen Kunden oftmals hört. Gibt es angesichts sinkender Förderhöhen und des allgemein weit verbreiteten Repowering-Pessimismus überhaupt einen Grund zur Hoffnung, der Betreibern und Projektierern Halt gibt, bevor sie ab 2020 von der unvermeidbaren Repowering-Welle „überrollt“ werden?

Bei Sturm ist es auf See mitunter sicherer als im Hafen

Erfahrene Kapitäne entscheiden sich bei stürmischem Wetter oder schwerer See oftmals für eine Strategie, die als „Abwettern“ bezeichnet wird und Laien der Schifffahrt zunächst eigenartig erscheinen mag, scheint sie doch dem sprichwörtlichen „sicheren Hafen“ in allen Punkten zu widersprechen. Bei Sturm oder schwerer See kann es demnach sicherer sein, sich mit Boot und Mannschaft ins Tiefwasser zu begeben als im Hafen zu verbleiben oder diesen anzulaufen, da hier die Gefahren des flachen Küstenwassers die Unwägbarkeiten eines Sturms noch verstärken. Lohnt es sich also in den unsicheren Zeiten der Ausschreibungen trotzdem, den Schritt zu wagen und auf das komplexe Repowering zu setzen?

1. „Deutschland ist nicht das erste Land, in dem es ein Ausschreibungsverfahren gibt“

Während allerorten eine hohe Skepsis gegenüber den Ausschreibungsverfahren spürbar ist, mahnt Henning Krix zur Besonnenheit und versucht Betreibern ihre Angst zu nehmen. Breit aufgestellte Hersteller wie Vestas und international arbeitende Projektierer werden schließlich nicht völlig unvorbereitet überrascht. Stattdessen unterstützen sie mit bereits erworbener Erfahrung aus Ausschreibungen in anderen Ländern ihre Kunden dabei, einen vielversprechenden Kurs für den deutschen Markt zu finden und jedes individuelle Projekt so sicher wie möglich durch die Auktionen zu steuern.

2. Repowering wagen und langfristige Perspektive schaffen!

Das Altern der Windkraftanlagen in Deutschland lässt sich nicht aufhalten. Früher oder später muss sich jeder Windmüller mit der Entscheidung für oder gegen Repowering befassen, Ausschreibungsverfahren und niedrige Förderhöhe hin oder her. Was steht zu befürchten? Im Zweifelsfall gewinnen Betreiber mehr als sie verlieren: Während die Wirtschaftlichkeit von Bestands-WEA zu deren Lebensende hin immer weiter abnimmt, bietet Repowering neue Perspektiven und lohnenswerte Verbesserungen durch Modernisierung. Schließlich wird der Ertrag des Windparks für die nächsten zwei Jahre sichergestellt: Betreiber gewinnen somit statt gefühlter Unsicherheiten eine neue faktische Sicherheit und Handlungsfreiheit für ihre Unternehmung.