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Die Wiederkehrende Prüfung (WKP) ist für Betreiber von Windenergieanlagen Pflicht – und weit mehr als eine weitere Sichtkontrolle. Jörg-Rasmus Otto, Leiter der Inspektionsstelle der ENERTRAG Betrieb GmbH, erklärt, worum es geht, was genau geprüft wird und wie Betreiber sich optimal vorbereiten.
Frage: Herr Otto, auf welcher fachlichen Grundlage basiert dieser Artikel zur WKP?
Antwort: Alle Aussagen stützen sich auf zwei zentrale Regelwerke: die Richtlinie für die Zertifizierung von Windenergieanlagen „Wiederkehrende Prüfung“ (Ausgabe 2010) sowie die DIBt-Mitteilung „Richtlinie für Windenergieanlagen“ (10-2012, korrigierte Fassung 03-2015). Diese bilden den rechtlich-technischen Rahmen, an dem sich Prüfumfang und Methoden orientieren.
Frage: Was ist die Wiederkehrende Prüfung in einem Satz?
Antwort: Die WKP ist eine verbindliche Betreiberpflicht, bei der unabhängige Sachverständige die Standsicherheit und Integrität der Windenergieanlage prüfen – ergänzend zu Wartung und Inspektion.
Frage: Warum reicht Wartung oder eine normale Inspektion dafür nicht aus?
Antwort: Wartung und Inspektion sind wichtig, aber sie sind nicht unabhängig – meist übernimmt sie der Servicepartner. Die WKP kommt als neutraler Sicherheits-Check hinzu. Man kann sich das wie beim Flugzeug vorstellen: Der tägliche Check durch die Crew ist nötig, aber regelmäßige unabhängige Lufttüchtigkeitsprüfungen sind trotzdem Pflicht.
Frage: Welches Ziel verfolgt die WKP genau?
Antwort: Wir bewerten die Standsicherheit der gesamten Anlage – also Turm, Fundament, Maschine und Rotorblätter – und prüfen, ob Abweichungen vom Soll-Zustand vorliegen. Der Fokus liegt darauf, Risiken frühzeitig zu erkennen, bevor sie zu Sicherheitsproblemen oder ungeplanten Stillständen führen.
Frage: Wie werden die Prüfintervalle festgelegt?
Antwort: Sie ergeben sich in der Regel aus Genehmigung, Typenprüfung, Prüfbescheid und dem individuellen Anlagenzustand. Das heißt: Nicht nur ein starrer Kalender zählt, sondern auch, wie sich die konkrete Anlage über die Jahre entwickelt hat.
Prüfumfang: Was wird geprüft?
Frage: Welche Baugruppen stehen bei der WKP im Mittelpunkt?
Antwort: Wir prüfen drei große Bereiche:
Frage: Wo liegen typische Auffälligkeiten in der Praxis?
Antwort: Häufig sind es beginnende Materialermüdung, schleichende Schäden an Verbindungspunkten oder Alterungseffekte am Blitzschutz. Und: Manche Anlagen haben serientypische Schwachstellen, die wir gezielt in den Blick nehmen.
Vorbereitung: Welche Unterlagen braucht es?
Frage: Was müssen Betreiber vor der WKP zwingend bereitstellen?
Antwort: Eine vollständige Dokumentation ist entscheidend. Dazu gehören unter anderem:
Frage: Warum ist die Dokumentation so wichtig?
Antwort: Weil sie die Geschichte der Anlage erzählt. Ohne Historie sieht man nur ein Foto – mit Historie versteht man den Film. Das beeinflusst die Bewertung enorm.
Ablauf: Wie wird geprüft?
Frage: Wie stellen Sie sicher, dass die WKP systematisch abläuft?
Antwort: Auf Basis der GL-Richtlinie und der DIBt-Vorgaben erstellen wir einen Inspektionsplan, der in unserer Inspektions-App je WEA-Typ hinterlegt ist. Damit führen unsere Mitarbeitenden die Prüfung Schritt für Schritt durch – inklusive der Berücksichtigung genehmigungs- und typenprüfspezifischer Auflagen.
Frage: Was passiert, wenn Bereiche nicht zugänglich oder nicht prüfbar sind?
Antwort: Dann müssen sie über geeignete Ersatznachweise bewertet werden – etwa belastbare Dokumente, Messprotokolle oder andere nachvollziehbare Belege.
Frage: Können Grenzwerte und Steuerungsparameter auch dokumentenbasiert geprüft werden?
Antwort: Ja. Entweder vor Ort oder durch verlässliche Unterlagen. Wichtig ist, dass die Nachweise belastbar und prüffähig sind.
Ergebnisse, Maßnahmen, Konsequenzen
Frage: Was enthält der Prüfbericht am Ende?
Antwort: Er umfasst Feststellungen, Bewertungen, Maßnahmenempfehlungen mit Fristen, den nächsten Prüftermin, Angaben zu Methoden und eine Gesamtbewertung. Zusätzlich kann es eine Prüfbescheinigung für Behörden geben.
Frage: Welche Pflichten ergeben sich daraus für Betreiber?
Antwort: Maßnahmen müssen fristgerecht umgesetzt werden. Wenn eine Abweichung die Standsicherheit gefährdet, muss der Betrieb eingestellt werden, bis eine Freigabe durch den Sachverständigen erfolgt.
Praxisdetail: Risse im Beton
Frage: Gibt es konkrete Grenzwerte, die Betreiber kennen sollten?
Antwort: Ja, für Betonrisse gilt im Regelfall:
FAQ – kurz beantwortet
Frage: Wie oft ist eine WKP erforderlich?
Antwort: Das Intervall richtet sich nach DIBt, Genehmigung, Prüfbescheid, Typenprüfung und Anlagenzustand.
Frage: Reicht Wartung statt WKP?
Antwort: Nein. Wartung ist nicht gleich WKP. Die WKP muss unabhängig und unparteilich erfolgen.
Frage: Was passiert bei Abweichungen?
Antwort: Es werden Maßnahmen mit Fristen festgelegt. Bei Gefahr für die Standsicherheit wird die Anlage bis zur Behebung außer Betrieb genommen.
Frage: Sind Drohnen für die WKP zulässig?
Antwort: Ja – besonders für Rotorblätter und Turmaußenflächen ist der Drohneneinsatz sehr sinnvoll.
Wer darf eine WKP durchführen?
Frage: Welche Dienstleister sind dafür qualifiziert?
Antwort: Akkreditierte Inspektionsstellen nach DIN EN ISO/IEC 17020:2012, DIN EN ISO 17065 oder gleichwertige unabhängige Sachverständige.
Frage: Was ist der Mehrwert spezialisierter externer Prüfer?
Antwort: Sie bringen Erfahrung mit typen- und serienbezogenen Schwachstellen mit. Das ist entscheidend, weil systemische Auffälligkeiten besondere Beachtung brauchen – ggf. mit erweitertem Prüfumfang oder Monitoring. Betreiber profitieren, weil Serienfehler früh erkannt und kostspielige Ausfälle vermieden werden.
Frage: Unterstützen Dienstleister auch über die eigentliche Prüfung hinaus?
Antwort: Viele ja – etwa durch vorgelagerte Dokumentenprüfungen, Sichtkontrollen während Wartungen oder Koordination mit Service-Teams, um Bauteile zugänglich zu machen. Wichtig bleibt: Die WKP selbst muss organisatorisch unabhängig von Wartung und Service sein. Diese klare Trennung bieten wir bei ENERTRAG Betrieb bewusst an.
Frage: Und wie sieht es mit Blitzschutz-Prüfungen aus?
Antwort: Blitzschutz gehört verpflichtend zur WKP. Viele Dienstleister haben dafür spezielle Messmittel und dokumentierte Verfahren, gerade bei Rotorblättern mit integrierten Ableitern und Rezeptoren.
Frage: Ihr Fazit zur WKP?
Antwort: Die WKP ist ein Kernelement für sicheren, genehmigungskonformen Betrieb. Wer sie strukturiert vorbereitet – mit vollständiger Dokumentation, qualifizierten unabhängigen Sachverständigen, individuellem Prüfplan und konsequenter Maßnahmenumsetzung – reduziert Sicherheitsrisiken und minimiert ungeplante Stillstände deutlich.
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