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Retrofit von Sicherheitsbauteilen an Windkraftanlagen am Ende der Gebrauchsdauer

12.11.2025

Viele Windenergieanlagen nähern sich einem Alter, in dem zentrale Sicherheitsbauteile ihre definierte Lebensdauer erreichen. Damit stellt sich für Betreiber die Frage, wie sie Sicherheit, Wirtschaftlichkeit und rechtliche Vorgaben in Einklang bringen können. Der folgende Ratgeber erklärt, warum die Gebrauchsdauer von Sicherheitskomponenten entscheidend ist, welche Pflichten Betreiber haben und wie ein Retrofit hilft, Anlagen sicher und zukunftsfähig zu halten.

1. Warum die Gebrauchsdauer von Sicherheitsbauteilen entscheidend ist

In Windenergieanlagen sorgen sicherheitsrelevante Komponenten wie Relais, Schütze, Sensoren oder Sicherheitssteuerungen dafür, dass Menschen und Anlagen im Störfall geschützt bleiben. Diese Bauteile altern – durch mechanischen Verschleiß oder elektronische Alterungsprozesse. Hersteller definieren im Rahmen der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG und der EN ISO 12100, wie lange eine Komponente funktional sicher eingesetzt werden darf. Wird diese Dauer überschritten, ist die Sicherheit der Anlage nicht mehr garantiert.

Typische Kennwerte, mit denen Hersteller die Gebrauchsdauer festlegen:

  • B10D – Anzahl der Schaltzyklen bis 10 % der Bauteile gefährlich ausfallen
  • T10D – Zeit bis 10 % gefährlich ausfallen
  • MTTFD – Mittlere Zeit bis zum gefährlichen Ausfall
  • PFHD – Wahrscheinlichkeit eines gefährlichen Ausfalls pro Stunde

Für Betreiber ist entscheidend: Sobald einer dieser Werte erreicht ist, muss gehandelt werden – entweder durch Austausch oder Retrofit.

 

2. Betreiberpflichten nach der Betriebssicherheitsverordnung

Die rechtlichen Anforderungen sind klar: Nach § 10 der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) müssen Arbeitsmittel während ihrer gesamten Nutzungsdauer sicher betrieben werden. Das betrifft auch Windenergieanlagen. Betreiber sind verpflichtet, Instandhaltungsmaßnahmen durchzuführen, Prüfintervalle festzulegen und die Angaben der Hersteller zu berücksichtigen. Unterlassene Maßnahmen können den sicheren Betrieb gefährden – und rechtliche Folgen haben.

Konkret heißt das:

  • regelmäßige Prüfungen und Wartungen durchführen,
  • notwendige Instandhaltungen unverzüglich umsetzen,
  • dokumentieren, dass die Anlage sicher betrieben wird.

 

3. Normen, Richtlinien und Lebensdauergrenzen

Wie lange Sicherheitsbauteile verwendet werden dürfen, ist in verschiedenen Normen geregelt. Der VDI-Leitfaden „Gebrauchsdauer in der funktionalen Sicherheit“ und die EN ISO 13849 legen fest, dass eine maximale Gebrauchsdauer von 20 Jahren gilt, sofern der Hersteller keine kürzere Frist nennt. Ältere Windkraftanlagen, die vor 2007 gebaut wurden, fallen teils unter Übergangsregelungen, müssen aber trotzdem sicher betrieben werden.

Dabei wird zwischen verschiedenen Typen von Funktionseinheiten unterschieden:

  • Alterungsdominierte Komponenten (z. B. SPS, Lichtgitter)
  • Verschleißdominierte Komponenten (z. B. Relais, Ventile)
  • Kombinierte Funktionseinheiten (z. B. Not-Halt-Schalter, Sicherheitsmodule)

Diese Einteilung hilft, den Austausch- oder Retrofit-Bedarf gezielt zu planen.

 

 

4. Möglichkeiten beim Erreichen der Gebrauchsdauer

Erreicht eine Komponente ihre definierte Lebensdauer, gibt es mehrere Handlungsmöglichkeiten. Welche sinnvoll ist, hängt vom Zustand der Anlage, der Sicherheitsstruktur und der Ersatzteilverfügbarkeit ab.

Option 1: 1:1-Austausch

Ein direkter Ersatz durch dasselbe oder ein nahezu identisches Nachfolgemodell ist meist der einfachste Weg. Das reduziert Stillstandszeiten und erfordert keine tiefgreifende Anpassung der Steuerung.

Option 2: Austausch mit gleichwertiger Funktionseinheit

Ist das Originalbauteil nicht mehr erhältlich, kann eine funktional gleichwertige Komponente integriert werden – vorausgesetzt, die gesamte Sicherheitsfunktion wird geprüft und dokumentiert.

Option 3: Retrofit mit neuer Schutzmaßnahme

Bei älteren Anlagen bietet sich ein umfassender Retrofit an. Dabei werden sicherheitsrelevante Komponenten modernisiert, zusätzliche Diagnosesysteme integriert oder die Steuerungstechnik erneuert. So lässt sich der Betrieb verlängern und auf aktuellen Sicherheitsstandard bringen.

Ergänzend können Betreiber auch engmaschiges Monitoring oder eine Fail-Safe-Betrachtung nutzen, um Risiken zu minimieren.

 

5. Fail-Safe und Redundanz – wie sicher ist Ihr System wirklich?

Nicht jeder Ausfall führt sofort zu einem Sicherheitsversagen. Entscheidend ist die Struktur der Steuerung. Einkanalige Systeme reagieren empfindlich auf Fehler – fällt eine Komponente aus, ist die Sicherheitsfunktion unterbrochen. Zweikanalige, redundante Systeme mit Diagnosefunktionen können Ausfälle erkennen und kompensieren, bevor Gefahr entsteht.

Das bedeutet für die Praxis:

  • Einkanalige Systeme: kritisch, Austausch dringend empfohlen.
  • Redundante Systeme: höhere Ausfallsicherheit, Retrofit planbar umsetzbar.

Ein Retrofit ist besonders dann sinnvoll, wenn alte Systeme noch ohne Redundanz oder Diagnosedeckung arbeiten.

 

6. Empfehlungen für Betreiber von Windenergieanlagen

Wer ältere Windparks sicher und wirtschaftlich weiter betreiben will, sollte strukturiert vorgehen. Zuerst gilt es, den Ist-Zustand zu erfassen und anschließend eine fundierte Entscheidung über Austausch oder Retrofit zu treffen.

Wichtige Schritte sind:

  • Dokumentation prüfen: Sind alle sicherheitsrelevanten Komponenten mit Gebrauchsdauer erfasst?
  • Gefährdungsbeurteilung nach TRBS 1111 aktualisieren.
  • Prüffristen anpassen, abhängig von Alter und Zustand.
  • Retrofit als strategisches Projekt planen, inklusive Nachweisführung.

So bleibt die Anlage rechtssicher, zuverlässig und fit für weitere Betriebsjahre.

 

7. Fazit: Sicherheit, Wirtschaftlichkeit und Zukunftsfähigkeit

Das Ende der Gebrauchsdauer von Sicherheitsbauteilen ist kein Störfall, sondern ein planbarer Wartungspunkt. Wer rechtzeitig reagiert, kann Ausfälle vermeiden, Sicherheitsrisiken reduzieren und die Lebensdauer der Anlage deutlich verlängern. Ein gezieltes Retrofit bietet die Chance, Technik zu modernisieren und gleichzeitig gesetzliche Anforderungen zu erfüllen – ein klarer Gewinn für Betreiber und Investoren.