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Redispatch 2.0 verstehen und umsetzen: Was Windparkbetreiber wissen sollten

24.09.2025

Mit der zunehmenden Einspeisung erneuerbarer Energien in das Stromnetz wächst auch die Herausforderung, Netzengpässe zuverlässig zu vermeiden. Seit dem 1. Oktober 2021 ist das sogenannte Redispatch 2.0 in Kraft und hat das bisherige Einspeisemanagement (EinsMan) abgelöst. Für Betreiber von Windparks bedeutet das: Neue Rollen, neue Prozesse, neue Pflichten – aber auch neue Chancen zur Optimierung. In diesem Ratgeber erklären wir Schritt für Schritt, was Redispatch 2.0 bedeutet, wie es funktioniert, wer welche Aufgaben hat und wie Betreiber ihre Interessen wahren können.

Was ist Redispatch 2.0?

Redispatch bedeutet die vorausschauende Steuerung von Erzeugungsanlagen zur Vermeidung von Netzengpässen. Während beim klassischen Redispatch vor allem konventionelle Kraftwerke betroffen waren, bezieht Redispatch 2.0 nun auch erneuerbare Energien und KWK-Anlagen ab 100 kW ein – also auch fast alle Windenergieanlagen.

Ziel ist es, durch frühzeitige Anpassung der Einspeisung das Stromnetz im Gleichgewicht zu halten – und das nicht erst bei akuten Überlastungen, sondern bereits im Vorfeld.

Warum wurde Redispatch 2.0 eingeführt? Das alte Einspeisemanagement war ein reaktives Instrument: Anlagen wurden bei drohender Netzüberlastung spontan abgeregelt – mit hohen Entschädigungszahlungen. Die Kosten stiegen auf über eine Milliarde Euro jährlich. Redispatch 2.0 ist dagegen ein vorausschauendes, bilanzielles Engpassmanagement. Es soll Netzstabilität günstiger, planbarer und fairer gestalten. Gleichzeitig führt es zu einer stärkeren Einbindung der Betreiber in die Prozesse.

Welche Windkraftanlagen sind betroffen?

Grundsätzlich gilt:

  • Alle Erzeugungsanlagen ab 100 kW installierter Leistung sind Redispatch-pflichtig.
  • Dies betrifft auch alle Windkraftanlagen, sowohl Onshore als auch Offshore.
  • Auch Bestandsanlagen müssen teilnehmen – unabhängig vom Inbetriebnahmedatum.

Marktrollen im Redispatch 2.0

Redispatch 2.0 führt zwei neue zentrale Marktrollen ein:


Einsatzverantwortlicher (EIV)
  • Verantwortlich für die Einsatzplanung
  • Übermittelt Prognosen und Fahrpläne
  • Oft der Direktvermarkter

Betreiber der technischen Ressource (BTR)
  • Zuständig für die Anlage selbst
  • Meldet meteorologische Daten
  • Stimmt die Ausfallarbeit mit dem Netzbetreiber ab
  • Kann auch vom Betreiber oder einem Dienstleister übernommen werden

Ablauf einer Redispatch-Maßnahme

Im Standardfall (Prognosemodell) läuft eine Maßnahme wie folgt ab:

  1. Netzbetreiber erkennt Engpass und leitet Maßnahme ein
  2. EIV erhält Regelungsaufruf
  3. Anlage wird abgeregelt
  4. Netzbetreiber veröffentlicht Maßnahme und sendet Erstaufschlag an BTR
  5. BTR prüft und stimmt zu oder sendet Gegenvorschlag
  6. Nach Abstimmung erfolgt Abrechnung der Ausfallarbeit
  7. Betreiber erhält Vergütung durch EIV und Netzbetreiber

Abruf- und Bilanzierungsmodelle im Vergleich
Abrufmodelle:
  • Aufforderungsfall: EIV steuert Anlage
  • Duldungsfall: Netzbetreiber greift direkt ein

Bilanzierungsmodelle:
  • Prognosemodell: Netzbetreiber erstellt Prognose
  • Planwertmodell: EIV erstellt Planwerte, BTR bilanziert
 

Abrechnungsverfahren und Entschädigung

Zur Abrechnung der Ausfallmengen stehen folgende Verfahren zur Verfügung:

  • Pauschalverfahren
  • Spitzverfahren (mit anlagenspezifischen Wetterdaten)
  • Spitz-Light (mit Referenzwetterdaten)
 

Pflichten und Fristen für Betreiber

  • Stammdatenpflege
  • Meldung von Nichtverfügbarkeiten
  • Fristgerechte Prüfung der Erstaufschläge
  • Bereitstellung meteorologischer Daten bei Spitzverfahren
  • Kontaktdatenblatt erstellen und übermitteln

Betreiber ohne BTR-Rolle: Was beachten?

Viele Betreiber überlassen die BTR-Rolle dem Direktvermarkter oder einem Dienstleister. Das spart Aufwand, birgt aber Risiken:

  • Weniger Kontrolle über Ertragsausfälle
  • Keine aktive Mitwirkung am Clearing-Prozess
  • Abhängigkeit von der Datenqualität des Dritten

Technische Voraussetzungen zur Übernahme der BTR-Rolle
  • Betriebsführungssoftware mit EDIFACT-Schnittstelle
  • S/MIME-Zertifikat zur sicheren Datenübertragung
  • BDEW-Codenummer
  • Anmeldung bei Connect+
  • Verfügbarkeit meteorologischer Daten

Gegenvorschläge und Clearing: Was tun bei Unstimmigkeiten?

Wenn der BTR die Mengen im Erstaufschlag für falsch hält, muss er:

  1. Innerhalb von 3 Werktagen widersprechen
  2. Einen formal korrekten Gegenvorschlag senden
  3. Den Clearingprozess mit dem Netzbetreiber führen

Aktuelle Entwicklungen und Ausblick
  • Die BNetzA plant eine Vereinheitlichung der Marktrollen
  • Planwertmodell soll künftig Standard werden
  • Digitale Schnittstellen werden weiter ausgebaut

Wer als Betreiber von Windparks die Prozesse versteht, Rollen klar zuweist und Fristen einhält, kann nicht nur finanzielle Verluste vermeiden, sondern seine Windturbinen aktiv in die Netzstabilität einbinden. Weitere nützliche Infos finden Sie hier in einem PDF des BWE: https://www.wind-energie.de/fileadmin/redaktion/dokumente/publikationen-oeffentlich/themen/02-technik-und-netze/01-netze/20250527_BWE_Handlungsempfehlung_Redispatch.pdf