Mit dem 31. Dezember dieses Jahres endet die Frist zur Einführung der bedarfsgesteuerten ...
Nach dem letztjährigen Rekordzubau an Land mit einer Leistung von 5 334 MW brutto kann die deutsche Windbranche in diesem Jahr mit einem Plus von rund 4 000 MW rechnen – eine im europäischen Vergleich ordentliche Neukapazität. Zu diesem Ergebnis kam jüngst eine Befragung des langjährige Branchenanalysten und Unternehmensberaters Klaus Övermöhle bei rund 50 Windkraftprojektierern hierzulande. In den zurückliegenden Jahren hatte Övermöhle mit seinen Prognosen meistens ins Schwarze getroffen.
Auch für dieses Jahr stehen seine Chancen nicht schlecht: Zu Jahresbeginn hatten die beiden Branchenverbände, Bundesverband Windenergie und VDMA Power Systems, einen Zubau in der Größenordnung von rund 3 500 MW vorhergesagt. „Auch wenn die 4 000 Megawatt ein Rückgang von etwa 25 Prozent im Vergleich zu 2017 bedeuten, kann die Branche damit leben“, betont Windexperte Övermöhle.
Düster schätzt Övermöhle dagegen die Aussichten für das kommende Jahr ein: „Gemessen an den Zubauzahlen der letzten drei Jahre wird 2019 ein Katastrophenjahr.“ Die Neuinstallation sinke auf deutlich unter 3 000 MW, abhängig von den bis dahin erteilten Genehmigungen sogar bis auf 2 000 MW. Die Bundesregierung wäre deshalb gut beraten, die im schwarz-roten Koalitionsvertrag vereinbarten Sonderausschreibungen für die Jahre 2019 und 2020 von jeweils 2 000 MW so schnell wie möglich zu beschließen. Bei der Realisierung dieser zusätzlichen Ausschreibungsmengen zeigt sich Övermöhle allerdings skeptisch: „Ich persönlich gehe aktuell nicht davon aus, dass diese Sonderausschreibungen in den Jahren 2019 und 2020 wirksam kommen.“ Nach wie vor seien die Union und Sozialdemokraten uneins in diesem Punkt.
Dafür ist Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier das beste Indiz. In einer Bundestagsdebatte in der ersten Juniwoche, in der die letzten Parlamentstermine vor der diesjährigen Sommerpause stattgefunden haben, verteidigte der CDU-Politiker sein bislang zögerliches Vorgehen: „Es wurde von Anfang an nirgendwo im Koalitionsvertrag gesagt, dass diese Sonderausschreibung vor oder nach der Sommerpause verabschiedet werden muss, weil nämlich als Voraussetzung für die Umsetzung formuliert ist, dass die Aufnahmefähigkeit der Netze gewährleistet sein muss.“
Selbst wenn die Sonderausschreibungen wider Erwarten in den kommenden Wochen schnell beschlossen werden, sind Schleifspuren beim weiteren Ausbau nicht mehr zu vermeiden. „Wenn das eigentlich schon längst beschlossene 100-Tage-EEG-Gesetz im November beschlossen und die Zusatzmengen bei der ersten Onshorewind-Ausschreibung im Februar 2019 berücksichtigt werden sollten, dürften nur die wenigsten der dann bezuschlagten Projekte bis Jahresende 2019 in Betrieb sein“, sagt Övermöhle. Er verweist auf die in der Regel mehrmonatigen Bauarbeiten für Windparks. 2019, so sein Resümee, werde für die Windbranche in Deutschland „kein Zuckerschlecken“ werden.
Sollte die Politik in Berlin weder die zusätzlichen Ausschreibungen noch eine Anhebung des bisherigen Ausbaukorridors von 2 800 MW brutto im Jahr beschließen, werde das Arbeitsplätze kosten. „Wenn künftig nur die Hälfte des bisherigen Zubaus ans Netz geht, werden auch nur die Hälfte der Mitarbeiter benötigt“, so Övermöhle. Das sei die einfache, aber bittere Wahrheit. Diverse Anlagenhersteller hätten bereits Mitarbeiter entlassen. Bedroht sieht der Branchenexperte aber auch die Zulieferindustrie, die Logistikbranche sowie die Projektentwickler. „Die Konsolidierung unter den Projektierern wird weitergehen, da Deutschland mit mehr als 150 Firmen völlig überbesetzt ist“, betont Övermöhle. Und weiter: „Die großen Player werden weiter an Marktmacht gewinnen. Aber nach wie vor haben kleinere Projektierer ihre Daseinsberechtigung.“
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