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Der Trend bleibt auch nach der zweiten Ausschreibungsrunde für die Offshore-Windenergie ungebrochen: Die Windenergienutzung auf See hat sich im Konzert der preiswerten Energiequellen etabliert. Dafür spricht der durchschnittliche Zuschlagspreis bei 4,66 Cent pro Kilowattstunde, den die Bundesnetzagentur für die erfolgreichen sechs Projekte in der letzten Aprilwoche bekannt gegeben hatte.
Wer, wie im vergangenen Jahr gleich auf mehrere erfolgreiche Null-Cent-Gebote gesetzt hatte, der muss die sogenannte „Ostseequote“ im Wind-auf-See-Gesetz übersehen haben. Dieser Passus sieht vor, dass im Gegensatz zur letztjährigen Auktionsrunde bei diesem Durchgang Bauprojekte in der Ostsee bevorzugt einen Zuschlag erhalten sollten - und zwar mit mindestens 500 Megawatt Leistung vom Ausschreibungsvolumen. Klar, dass bei diesem „Freifahrtschein“ keiner der Ostsee-Investoren ein Null-Cent-Gebot abgeben würde.
Dass in dieser Bieterrunde gleich drei Projekte mit einer Gesamtleistung von rund 733 Megawatt auf den Ostseeraum entfielen (Iberdrola: Baltic Eagle - 476 MW + Wikinger-Süd - 10 MW sowie KNK Wind: Arcadis Ost 1 - ca. 247 MW), erfreute Mecklenburg-Vorpommerns Energieminister Christian Pegel. Damit hole die Ostsee ein Stück weit auf gegenüber der Nordsee als Standort für die Windenergieerzeugung auf See, sagte SPD-Politiker gegenüber dpa. Er appellierte an die Unternehmen, die Projekte zügig umzusetzen.
Unter den drei erfolgreichen Nordsee-Projekten schoss der Ørsted-Konzern (ehemals Dong Energy) erneut den Vogel mit einem Null-Cent-Gebot ab: Die Dänen haben für ihr Projekt Borkum Riffgrund West 1 (420 MW) wieder bewusst auf die Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz verzichtet und wollen bis Ende 2025 gleich drei Hochseewindparks in der Nordsee auf Null-Cent-Basis bauen.
Nicht nur Volker Malmen, deutscher Geschäftsführer von Ørsted, sah in den Ergebnissen der zweiten Bieterrunde bestätigt, „dass die Offshore-Windenergie eine wettbewerbsfähige erneuerbare Energiequelle ist“, sondern auch zahlreiche Lobbygruppen für die Windkraftnutzung auf See. „Die niedrigen Gebotswerte bestätigen den anhaltenden Trend der Kostenreduktion“, hieß es in einer gemeinsamen Pressemitteilung.
Als Reaktion forderten die Offshorewind-Protagonisten eine Anhebung des bisherigen Ausbaudeckels auf See. Die letzte schwarz-rote Regierungskoalition hatte den Zubau in den deutschen Nord- und Ostseegewässern auf 15 000 MW bis zum Jahr 2030 limitiert. Angesichts der nun manifestierten Kostenvorteile müsse nach Vorstellungen der Offshorewind-Verbände der Deckel bis 2030 auf mindestens 20 000 MW angehoben werden. Für das Jahr 2035 sollte dann eine Kapazität von 35 000 MW das Ausbauziel sein.
Um kurzfristig wieder zu mehr Schwung beim Bau neuer Offshore-Windparks zu kommen, plädieren die Offshorewind-Organisationen für eine zusätzliche Ausschreibungsrunde, bei der die freien Anschlusskapazitäten auf den Konverterstationen genutzt werden sollten. „Mit der zweiten Ausschreibung bleibt aktuell mindestens 800 Megawatt an bestehenden Netzanbindungssystemen frei, von denen 650 Megawatt kurzfristig wirtschaftlich nutzbar wären.“ Genau genommen steht die komplette Kapazität des geplanten Konverters Sylwin 2 im Cluster 5 von bis zu 900 MW und die freie Kapazität in Höhe von etwa 650 MW am bereits beauftragten Konverter DolWin 6 im Cluster 3 zur Verfügung.
Auch Heiko Stohlmeyer, Leiter Erneuerbare Energien bei dem Wirtschaftsberatungsunternehmen PricewaterhouseCoopers (PwC), sieht in den Auktionsergebnissen den Trend zu einer immer preiswerteren Stromerzeugung auf See bestätigt. Der PwC-Experte sieht aber keinen Anlass, dass bei künftigen Auktionen ganz auf eine Vergütung verzichtet werden kann: „Die relativ breite Spanne der erfolgreichen Gebote von null bis knapp unter zehn Cent macht deutlich, dass einige Marktteilnehmer eine garantierte Vergütung weiterhin für notwendig halten, um einen Offshore-Windpark zwischen 2021 und 2025 in Betrieb zu nehmen.”
Nach Einschätzungen des langjährigen Offshorewind-Experten Stohlmeyer bergen „Null-Cent-Gebote zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch Risiken”: „Sie sind eine Wette darauf, dass während der Betriebszeit der Windparks das Strompreisniveau über den Herstellungskosten liegt.” Denn nur so wäre die Umsetzung wirtschaftlich. Wenn dieser Effekt aber nicht oder nicht im erwarteten Umfang eintritt, stünde die Umsetzung der Projekte in Frage.
Dass Null-Cent-Gebote im Offshore-Windsektor keine Selbstverständlichkeit sind, betonte auch Giles Dickson. „Die jüngsten Ausschreibungsergebnisse in Deutschland zeigen, dass Null-Cent-Gebote für einige Entwickler in einigen Märkten unter bestimmten Rahmenbedingungen möglich, aber nicht die Norm sind“, sagte der Geschäftsführer des europäischen Branchenverbandes WindEurope.
Da es auch bei der zweiten Ausschreibungsrunde hierzulande ein Null-Cent-Gebot gegeben hat, dürfte die Bundesregierung in absehbarer Zeit an einer Novelle des Wind-auf-See-Gesetzes nicht vorbeikommen. Paragraf 22 besagt nämlich, dass der niedrigste Zuschlagswert der letzten Auktion den Höchstwert für die künftigen Ausschreibungsrunden bildet. Dieser Höchstwert müsste getreu den Buchstaben des Gesetzes dann bei null Cent liegen. Deshalb forderte Stefan Kapferer, Hauptgeschäftsführer beim Branchenverband BDEW: „Unter dem heutigen Förderregime für erneuerbare Energien müssen klare Kriterien geschaffen werden, damit eine Differenzierung zwischen den Null-Cent-Geboten möglich wird. Der weitere Zubau der Offshore-Windenergie darf nicht dem Los überlassen werden.“
In den Offshore-Windkreisen gibt es auch die Hoffnung, dass mit der notwendigen Novelle der bisherige Ausbaudeckel angehoben beziehungsweise ganz aufgehoben wird.
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